Polnischer Präsident mit Videoclip
Wenn der deutsche Bundespräsident eine Fernsehansprache hält, dann ist die Dramaturgie recht einfach: Fahne und neutraler Hintergrund, davor sagt er seinen Text auf. In Polen eigentlich auch - doch jetzt hat Lech Kaczyński etwas neues ausprobiert.
Zum Hintergrund: In der polnischen Politik gibt es zur Zeit Streit um die Ratifizierung des EU-Vertrags von Lissabon. Der wurde damals im Juni 2007 vom polnischen Präsidenten Kaczyński ausgehandelt - der sich dabei viel internationale Kritik einhandelte.
Dennoch konnte er viele seiner Punkte durchdrücken - unter anderem die Einschränkung der EU-Grundrechtecharta für Polen. Die hält Kaczyński für gefährlich, er befürchtet, dass dadurch
- Deutsche Ansprüche auf Rückgabe und Entschädigung für Grundstücke in den Ostgebieten stellen und
- Homosexuelle ein Recht auf Ehe einklagen könnten.
Als jetzt die Regierung von Premier Tusk bei der Ratifizierung offen lassen wollte, ob die Charta doch irgendwann mal voll in Polen gelten könnte, meldete sich Kaczynski mit einer Fernsehansprache zu Wort (deutsch untertitelt):
Darin verweist er nochmal auf alle o.g. Gefahren, unterlegt mit Fernsehbildern von
- Angela Merkel zusammen mit Vertriebenen-Präsidenten Erika Steinbach (eine der bekanntesten Deutschen in Polen)
- einer Deutschlandkarte von 1938
- einer Homosexuellen-Hochzeit in Kanada (scheinbar ohne Einverständnis)
Zudem läuft eine Klaviermusik aus der polnischen Fernsehserie "Polskie Drogi" (Polnische Wege) aus den 70er Jahren, die vom Leben der Polen während der deutschen Besetzung 1939-45 handelt.
Inzwischen wurde bekannt, dass Kaczyński die eingeblendeten Bilder vorher nicht kannte und insbesondere über das Merkel-Material nicht sehr glücklich ist.